Zum Erntedank

keller-hubert-120102.10.16             Zum Erntedank

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger liebe Landwirtsfamilien,
Auch in diesem Jahr haben wir einmal mehr erfahren müssen, dass der Erfolg unserer Arbeit, trotz ausgefeilter Produktionstechnik und dem Können des Betriebsleiters, von höheren Dingen abhängig ist.
Eine gute Ernte ist nicht selbstverständlich. Noch Anfang Juli hegten Experten für die Getreideernte recht gute Erwartungen – mit jedem Regenschauer wurden diese Erwartungen jedoch weniger. Die Septemberhitze hat dann die Maisernte bei vielen Berufskollegen zusammendorren lassen.
Die Bilanz fällt in diesem Jahr also durchwachsen aus.
Auch wenn man immer wieder den Ausspruch hört: Früher war alles besser, sogar das Wetter, müssen wir feststellen, wenn wir mit der älteren Generation ins Gespräch kommen, dass früher bestimmt nicht alles besser war. Trotzdem muss ein kleines „ ja“ hier eingefügt werden. Das ganze Dorf war auf Eigenversorgung ausgerichtet und fast jeder kannte die Produktionsabläufe in der Landwirtschaft. Es wurde nicht hinterfragt wie, was, wo hergestellt wurde, man freute sich und war dankbar, wenn die Ernte so ausfiel, dass man bis zur nächsten Ernte die Getreideböden füllen konnte. So wurde die Lebensgrundlage für ein ganzes Jahr gesichert.
Heute, wo der Tisch reichhaltig gedeckt ist, und jeder mit einem vollen Kühlschrank einschläft und auch wieder aufwacht, ist das Interesse an der Landwirtschaft wieder groß. Dieses Interesse hat aber andere Hintergründe. Man interessiert sich dafür, wie wir unseren Ackerboden bewirtschaften und wie wir unsere Tiere halten. Schnell machen Schlagwörter wie Massentierhaltung, Tierqual, Monokulturen, Artenverlust, Vermaisung der Landschaft, Glyphosat, Gentechnik und Agrarwende die Runde. Es wird Anklage gegen die Landwirte erhoben. Keiner fragt sich, wie es bei den betroffenen Menschen in der Landwirtschaft aussieht, wenn sie so etwas hören. Ich sage es ihnen: Schlecht- ganz schlecht und das tut den Landwirtsfamilien weh.
Dabei genügt schon ein Blick in die Realität. So wie hierzulande Nahrungsmittel aus aller Welt den Speiseplan bereichern, nutzen Verbraucher auf sämtlichen Kontinenten deutsche Erzeugnisse. Das sichert eine vielfältige und auch bei Missernten eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung und schafft Wohlstand in der globalen Welt.
Die deutsche Landwirtschaft ist hier gut aufgestellt, aber auch bei den agrargeprägten Entwicklungs- und Schwellenländern ist der Anteil der Agrarexporte nicht zu unterschätzen.
Auch wenn bei uns in Deutschland nur noch zwei Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt sind, will uns das Erntedankfest immer wieder in Erinnerung rufen:
Unseren täglich vielfältig gedeckten Tisch verdanken wir nicht nur dem Fleiß unserer Landwirte sondern auch Gottes Segen.
Das Erntedankfest bietet einen guten Anlass, in den Dörfern und Städten wieder stärker ins Gespräch zu kommen – vorurteilsfrei, offen und mit dem Wunsch nach gegenseitigem Verständnis. Dazu sind wir an allen Tagen des Jahres bereit.
Nach dem Motto: „Redet mit uns Landwirten und nicht über uns!“
In diesem Sinne, wünsche ich Ihnen allen, wo immer Sie auch das Erntedankfest feiern, einen schönen, besinnlichen aber auch freudigen Tag.
Ihr
Hubert Kellner
Vors. Landvolk Göttingen Kreisbauernverband
und Kreislandwirt